Was die AfD von Trump lernt
Radikal & faschistisch: Wie Strategien von 1930 wieder populär werden
Hallo und herzlich Willkommen zur neuen Folge Adé AfD,
viele von uns schauen in dieser Woche auf die USA und die dort anstehenden Wahlen.
Eine aktuelle YouGov-Umfrage ergibt: Würde die US-Wahl in Europa stattfinden, hätte Kamala Harris die Mehrheit - Trump hätte nur einige Wähler von Rechtsparteien hinter sich. Zum Beispiel 50% der AfD-Wähler_innen. Auch Alice Weidel erklärte im ZDF-Sommerinterview, sie drücke Trump die Daumen. (Quellen: Merkur und ZDF).
Angesichts der Bedeutung, die die US-Wahlen auch für uns hier haben können, schauen wir heute auf Präsidentschaftsbewerber Donald Trump, bzw. auf seine Rhetorik.
Fakt ist: je näher die Präsidentschaftswahlen kommen, desto ungehemmter spricht Trump. Wir werfen deshalb einen Blick in die USA - auch weil Trump in Deutschland schon lange Politiker:innen sprachlich zu “inspirieren” scheint und Trumps aktuelle Sprache ein Vorgeschmack sein könnte, was bald auch hierzulande passiert.
Wer sich erinnert: In dieser Folge ging es um die Normalisierung der AfD, zum Beispiel durch Sprache. Umso wichtiger, dass wir verstehen, welche Rolle Trump und seine Aussagen auch für die AfD und ihre rhetorische Taktik spielen.
Wie Trump ganz bewusst gewalttätige, sogar faschistische Sprache nutzt, sich dabei auch bei Vorbildern aus den 1930 bedient - und wie die AfD sich daran orientiert: Das erklären euch die beiden Journalist_innen Maria Timtschenko und Johannes Giesler. Sie schreiben den wöchentlichen, kostenlosen Newsletter “Wie Rechte reden”, über rechtsextreme Narrative und Sprache, den ich euch als Abo sehr ans Herz lege.
Ich übergebe an Maria und Johannes:
Trump setzt auf “Trigger” und inkonsistente Rhetorik:
Trump konzentriert sich zunehmend auf rhetorische „Trigger“ statt auf inhaltliche Argumente. Er nutzt Stichworte und Schlagworte, die bestimmte Wählergruppen wie Altright oder evangelikale Christen ansprechen sollen, ohne thematische Zusammenhänge herzustellen. Das beschreibt der Sprachforscher Florian Scherübl in diesem Text:
Weil seine Anhänger:innen dieselben Informationsquellen wie Trump haben, erkennen sie Begriffe wieder, reagieren darauf und Trump muss keine Zusammenhänge oder Inhalte mehr herstellen, sondern nur noch sprachliche Trigger setzen.
Zu den Themen, die er dafür nutzt gehören zum Beispiel Tansgender-Fragen. Weshalb, das hat Trump im Juni 2023 auf einem Parteitag der Republikanischen Partei selbst erklärt. Da sagte er, dass Leute nur sachte klatschen würden, wenn er über Steuern spreche, dass sie aber ausflippten, wenn er das Thema Transgender anschneide: “Es ist faszinierend, wie stark Sie alle reagieren”, so Trump damals.
Trump verwendet faschistische Sprache als bewusste Strategie:
Eskalation der Sprache und Radikalisierung: Donald Trump nutzt zunehmend entmenschlichende und radikale Sprache, insbesondere gegen Migrant_innen. So sagte er in 2024: “The Democrats say, ‘Please don't call them animals. They're humans.’ I said, ‘No, they’re not humans, they’re not humans, they’re animals”.
Strategische Anwendung historisch belasteter Sprache: Jetzt nutzt Trump eine faschistische und nazistische Sprache. So sagt er, dass Migrant:innen das “Blut unseres Landes vergiften” würden. Das steht beinahe genauso in “Mein Kampf : “Alle großen Kulturen der Vergangenheit gingen nur zugrunde, weil die ursprünglich schöpferische Rasse an Blutsvergiftung abstarb.”
Warum er das aber macht, versucht dieser Text herauszuarbeiten. Demnach glauben Trump und sein Team, dass faschistische Sprache und eine politische Strategie wie in den 1930ern Erfolg versprechend sei - dass sie damit unentschlossene Wähler:innen auf ihre Seite ziehen könnten.Trump und sein Team glauben, dass diese aggressive, an die 1930er Jahre angelehnte Sprache unentschlossene Wähler mobilisieren könnte. Sie setzen auf Hass und Angst, um Unterstützung für radikale Maßnahmen wie Massendeportationen und gesetzeswidrige Vorhaben zu gewinnen.
“Believe him”: Trump hat konkrete antidemokratische Pläne
Die New York Times (NYT) hat eine Liste mit antidemokratischen Plänen, die Trump umsetzen will, wenn er gewählt wird, zusammengetragen. Der vielfach geteilte Text heißt “Donald Trump Says He Will
Justizbehörden für politische Verfolgung nutzen: Trump plant, die Justizbehörden zu instrumentalisieren, um gezielt gegen politische Gegner
wie Joe Biden und Kamala Harris vorzugehen.Militärischer Einsatz gegen "innere Feinde": Er beabsichtigt, das Militär gegen vermeintliche innere Feinde, insbesondere aus dem linken politischen Spektrum, einzusetzen, die er als Bedrohung für die Nation sieht.
Massendeportationen und Haftlager: Trump will Massendeportationen und Massenhaftlager für Millionen Migrant
und Menschen ohne legale Aufenthaltsgenehmigung einrichten, um die Einwanderung zu kontrollieren.Kürzungen von Bundesgeldern als Druckmittel: Er droht, Bundesgelder für demokratisch regierte Staaten in Katastrophenfällen zu kürzen und die Vergabe von Bildungsförderungen an ideologische Tests zu knüpfen, um politischen Einfluss zu nehmen.
Die NYT schreibt dazu, diese Aussagen seien „so ungeheuerlich und haarsträubend im Widerspruch zu den Normen und Werten der amerikanischen Demokratie“, dass es schwerfalle, ihnen zu glauben. Deshalb richte die Redaktion zwei Worte an die amerikanischen Wähler:innen: „Believe him“ – „Glauben Sie ihm.“
Wie die AfD auf Trump schaut:
Donald Trump gilt als Hoffnungsträger und Vorbild für rechtsextreme Politiker
weltweit, einschließlich Deutschland. Der Politologe Marcel Lewandowsky erklärt es so:
“Trump ist ein Hoffnungsträger für die Neue Rechte. Viele von ihnen glauben, dass es zu einem autoritären Umkippen kommen könnte, bei dem Trump für die Abwicklung all dessen steht, was man hasst: das Woke, die akademische Linke, die Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg.”
Würde die USA unter Trump eine autoritäre Richtung einschlagen, könnte das zu einem internationalen Kipppunkt werden - “die USA als ein quasi-autoritärer Musterstaat und Vorbild für Populisten und Autokraten auf der ganzen Welt”, sagt Lewandowsky.
Trump ist ein rhetorisches Vorbild:
AfD-Politiker wie Björn Höcke orientieren sich an Trumps populistische Rhetorik und Verschwörungserzählungen, in denen eine abgehobene Elite das Volk unterdrückt.
Das zeigt das folgende Beispiel: “Sie sind nicht hinter mir her, sondern es geht um EUCH. Ich stehe ihnen dabei nur im Weg.” Das stand auf einem Sharepic, das Höcke in seinem Telegram-Kanal geteilt hat. Es ist beinahe eine Kopie eines Trump-Beitrags aus dem Dezember 2019 auf (damals noch) Twitter. Darin stand: “In reality they're not after me, they're after you. I'm just in the way
Es kommt mittlerweile sogar vor, dass Höcke die politischen Entwicklungen in den USA kommentiert und dabei nicht nur die Verschwörungserzählung Trumps bedient und sogar das “Ziel” übernimmt:
Als Joe Biden seinen Rückzug bekanntgegeben hat, schrieb Höcke, dass Biden ja “nur die Handpuppe für andere war”. Denn laut Höcke stünden diejenigen, die entscheiden, nicht zur Wahl und diejenigen, die gewählt werden, könnten nichts entscheiden.
Rechtspopulisten teilen eine Ideologie:
Neben der Elitenkritik haben die Sätze “Sie sind nicht hinter mir her, sondern es geht um EUCH. Ich stehe ihnen dabei nur im Weg” noch eine zweite Dimension. Sie machen die Person, die ihn ausspricht zur “Erlöserfigur”. So drückt es Rechtsextremismus-Expertin Natascha Strobl aus.
Diese Erlöserfigur hat die Aufgabe, dem Volk seine Souveränität zurückzugeben. Sie muss die Eliten stürzen. Sie ist auserwählt, die Unterdrückung durch die Eliten zu beenden und das Volk zu “befreien”.
Auch die AfD verwendet gezielt eine Rhetorik der Personalisierung, bei der zum Beispiel jemand wie Höcke als Rettung für Deutschland dargestellt wird. Besonders eindrücklich hat das die AfD nach dem Attentat von Solingen und kurz vor der Landtagswahl in Thüringen gezeigt. Da teilten sie den Hashtag “Höcke oder Solingen”.
Darin steckt: Nur Björn Höcke ist angeblich dazu in der Lage, Deutschland zu retten und es vor weiteren Attentaten zu beschützen. Der Sprachforscher David Lanius hat diese rhetorische Konstruktion einmal das “Kernargument des Populismus” genannt. Das lautet so: “Populist:innen sind die einzige Rettung der Gesellschaft vor dem Untergang.”
Anzweiflung der Wahllegitimität:
Eine weitere sprachliche Parallele, vor allem so kurz vor der US-Präsidentschaftswahl wichtig, ist das strategische Anzweifeln demokratischer Wahlen. Trump bedient sich dieser Erzählung immer wieder, er hat auch schon lange vor seiner Wahlniederlage 2020 das Gerücht vom “Wahlbetrug” geschürt und daraus später eines seiner wirkmächtigsten Narrative gesponnen: das von der “gestohlenen Wahl”.
Dass auch der AfD eine Wahl gestohlen werden könnte, das hält Björn Höcke grundsätzlich für möglich - das sagte er kürzlich in einem Interview.
Deshalb appellierte er beispielsweise vor der Wahl in Thüringen an die Wähler:innen, dass sie in den Wahllokalen den Verantwortlichen ganz genau über die Schulter schauen sollten. Er wisse zwar nicht, ob es hierzulande “systematische Manipulationen wie in den USA gibt”. Er würde aber ab einem “gewissen Ergebnis nach unten für die AfD Alarm schlagen”.
Auch AfD-Anhänger:innen halten Wahlfälschung in Deutschland für möglich, wie das Institute for Strategic Dialogue herausgefunden hat. Für viele sei demnach “die Diskrepanz zwischen guten Umfragewerten vor der Wahl und niedrigeren Wahlergebnissen” nur mit Wahlbetrug zu erklären.
Das war’s für heute - großes Danke an Maria und Johannes! Euch allen wünsche ich einen informierten Start in die Woche.
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