Das passiert, wenn die AfD gewinnt
Diese Fakten zum AfD-Programm musst du wissen, damit du gegenhalten kannst.
Hallo und herzlich Willkommen zu Adé AfD, ganz besonders auch an die 500 neuen Abonnent_innen, die seit letzter Woche hierher gefunden haben. Für die Neuen: Hier geht es nochmal zur letzten Folge:
In dieser Folge stelle ich euch einige beliebte Argumente rund um die AfD und was passieren könnte, käme sie an die Macht, vor - und wie du gegenhalten kannst. Und ich kläre auf, wieso wir alle bei dem Satz “wie schlimm kann es schon werden” besonders eingreifen sollten.
🆘 Was passiert, wenn die AfD an die Macht käme?
⚠️ “Die bringen Deutschland wieder nach vorne.” Das Gegenteil ist der Fall - Deutschland fällt auf vielen Ebenen zurück: “Expertinnen und Experten beschäftigen sich seit Jahren damit. Ihre Erkenntnisse fügen sich zu einem Gesamtbild zusammen: Deutschland wäre mit einer AfD-Regierung isolierter, rückschrittlicher, eintöniger und ärmer.” Der Focus zeigt auf, was droht, wenn die AfD in die Regierung käme:
Fokus auf ein “traditionelles Familienbild”, weniger Kitabetreuung, Schwangerschaftsabbrüche nur “in absoluten Ausnahmen”
Keine inklusive, vielfältige Gesellschaft, radikale Verschärfung der Migrationspolitik.
Weniger Geld für jeden von uns, Verlust von Millionen an Arbeitsplätzen.
Schlechtere Situation für Rentner_innen.
📉 “Die lösen die wirtschaftlichen Probleme.” Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) fasst im Focus-Interview zusammen, welche Folgen die (Wirtschafts-) Politik der AfD für Deutschland hätte:
Massenarbeitslosigkeit durch weniger Export wegen EU-Austritt (Dexit).
Finanzierungsbedingungen für Unternehmen steigen, mehr Abwanderung, Verlust von noch mehr Arbeitsplätzen.
Weniger günstige Importe (wie aktuell dank europäischem Binnenmarkt): Lebensmittel, Energie, Dinge der Grundversorgung werden teurer, Inflation wird Normalzustand.
Der Fachkräftemangel verschlimmert sich. Dadurch: Hohe Gefahr für Gesundheitsversorgung, da schon aktuell viel zu wenig Pflegekräfte.
Für mehr Infos zum Hören: Im ZEIT-Podcast “Das Politikteil” erläutert Fratzscher, warum wir eine andere Zuwanderungspolitik bräuchten & wieso er die aktuelle Rhetorik der Bundesregierung für kontraproduktiv hält (ab ca. Minute 25:30)
🔎 “Auf Landtagsebene können die ja nicht so viel beeinflussen.” Journalistin Ann-Katrin Müller vom Spiegel hat am Beispiel Thüringen aufgeschlüsselt, was passieren könnte, wenn die AfD dort an die Macht käme:
Der Inlandsgeheimdienst dürfte sich nicht mehr um verfassungsfeindliche Parteien/Rechtsextremist_innen kümmern.
Verschärfung der Migrationspolitik, Umsetzung einer “Abschiebeoffensive”.
Ende der Fördermittel für Demokratie.
Ende bestimmter Klimamaßnahmen: dadurch u.a. Gefährdung für Netzausbau für die Energiewende (da auch Stromtrassen durch Thüringen führen sollen).
Abschaffung des Gleichstellungsgesetzes, der Antidiskriminierungsstelle und voraussichtlich ein Ende für Inklusion in der Bildungspolitik.
Kündigung der Medienstaatsverträge, der MDR wäre dann ohne Finanzierung aus Thüringen.
💸 “Die sind die Partei des kleinen Mannes”. Vielmehr plant die AfD ein Programm für Reiche (€): “Die AfD als Anwältin des kleinen Mannes – so vermarktet sich die Partei. Allerdings passt dieser Auftritt nicht zu ihren Zielen. Könnte sie ihre Programme umsetzen, so dürften darunter laut einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vor allem ihre potenziellen Anhängerinnen und Anhänger leiden, die häufig Beschäftigte in strukturschwachen Regionen mit geringen oder allenfalls mittleren Einkommen sind.” (Spiegel, €)
“Das AfD-Paradox beschreibt, dass AfD-Wählerinnen und AfD-Wähler durch die AfD-Politik am meisten verlieren. (...) AfD-Wähler gehören durchschnittlich eher zu den Menschen, die mittlere bis geringe Einkommen haben und mittlere bis geringe Qualifikationen. Sie zählen eher zu verwundbaren Gruppen, leben also eher in strukturschwachen und ländlichen Regionen. Es sind nicht die Menschen, die sich leicht tun bei der Anpassung, die mobil sind, die sagen: „Okay, hier fallen Arbeitsplätze weg, dann ziehe ich woanders hin, qualifiziere mich weiter und kann das als Chance verstehen.“ Gerade diese Gruppen erleiden aber einen besonders großen Schaden durch die AfD-Politik.”, sagt DIW-Präsident Fratzscher im Focus-Interview.
Grundsätzlich: Fakten alleine machen eine Diskussion nicht leichter. Aber ein besseres Verständnis dafür, wie das AfD-Programm gedacht (oder wohl besser: nicht durchdacht) ist, hilft dir beim Fragen stellen, wenn dein Gegenüber mit bestimmten Punkten argumentiert. Oder noch besser: Es macht dein Hinterfragen in Gesprächen präziser. Du kannst zum Beispiel fragen: “An welchen Punkten siehst du denn konkret, dass sich die AfD für Geringverdienende einsetzt?” So verhinderst du, dass dein Gegenüber sich als Erstes mit deiner Sicht konfrontiert sieht, du lässt sie oder ihn erstmal erzählen und die eigene Sicht erklären. Im Anschluss kannst du dann aufzeigen, was du im Programm gelesen hast.
→ Und weil ich weiß, dass die Spiegel-Artikel hinter der Paywall liegen: Die ersten 10, die mir eine Antwortmail schreiben, bekommen den Artikel von mir als free link zugeschickt (mehr geht leider nicht). Bitte schreibt dazu, welchen der beiden Artikel ihr gerne lesen wollt. 🙏🏼
☝🏼 “Wie schlimm kann es schon werden” und “Die sind doch demokratisch gewählt?” Für alle, die so argumentieren, ein kurzer historischer reminder: Eine Demokratie aushebeln geht viel schneller als man denkt. Hitler brauchte dafür 1933 nur zwei Monate und zwei Minister, wie der CDU-Politiker Armin Laschet in einer eindrücklichen Rede vom 6.2.2024 aufzeigt:
Wichtig, wenn ihr dieses Argument in die Diskussion einbringt: Es geht hier ausdrücklich nicht darum, Parteien mit der NSDAP oder 2024 mit 1933 zu vergleichen. Worum es geht: Anhand eines historischen Beispiels aufzuzeigen, wie der Mechanismus funktionieren kann, wenn rechtsextreme Kräfte eine Demokratie außer Kraft setzen. Armin Laschet erklärt das zum Beispiel auch im Podcast “Tagesanbruch” von t-online.de (ab Minute 13:10) und erinnert daran: “Der Verfassungsschutz sagt, in drei Ländern ist sie als “gesichert rechtsextremistisch” einzustufen(…)” (Minute 04:30). Eine Auflistung der Einstufungen und Beobachtsfälle der AfD findet ihr hier.
Wir sollten uns bewusst machen: Ja, man kann die AfD demokratisch wählen, ja, sie ist eine demokratisch bereits gewählte Partei. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass eine Partei nach demokratischen Grundsätzen handelt oder agiert. Demokratiegegner_innen können demokratisch gewählt werden, um dann, sobald sie an der Macht sind, die Demokratie außer Kraft zu setzen.
Um zu verstehen, wie schwierig es sein kann, eine Demokratie wieder aufzubauen, die ausgehöhlt wurde, hilft übrigens auch der Blick ins Nachbarland Polen. “Die Bürgerplattform (PO) und ihre Koalitionspartner (…) bemühen sich, Demokratie und Rechtsstaat wieder aufzubauen, um den Bürgern das verloren gegangene Vertrauen in ihren Staat zurückzugeben. Allerdings sind die Reparaturarbeiten schwierig, wenn sowohl der Präsident als auch das Verfassungstribunal und die nach wie vor mächtige PiS – jetzt als Oppositionspartei – gegen den Wiederaufbau von Demokratie und Rechtsstaat sind. (…)”, erläutert die polnische Verfassungsrechtlerin Ewa Łętowska im taz-Interview.
Nächste Woche geht es hier ganz konkret darum, wie wir alle miteinander über diese Themen ins Reden kommen können. Wie spreche ich mit Bekannten, die AfD wählen wollen, wie mit Familienmitgliedern, die in der Partei sind? Wie kann ich es ansprechen, wenn jemand etwas sagt, was mir widerstrebt oder was gar menschenfeindlich ist?
Welche Tipps für welche Situationen wünscht ihr euch? Schreibt mir, ich versuche möglichst viele eurer Fragen mit aufzunehmen.
Viele Grüße und bis nächste Woche,
Eure Franzi
Womit ihr mir eine ganze besondere Freude macht: Wenn ihr Menschen kennt, die auch alle Infos, Tipps, Argument und Ideen haben wollen, um zu verhindern, dass Rechtsextreme an die Macht kommen: Leitet ihnen gerne diesen Newsletter weiter.
🙋🏼♀️ Wer bin ich?
Mein Name ist Franzi von Kempis, ich bin Journalistin, Autorin und Kommunikationsberaterin. Ich beschäftige mich seit Jahren mit der Frage, wie wir uns privat und am Arbeitsplatz für Demokratie und bessere Diskussionen einsetzen können.
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📖 Mein Sachbuch “Anleitung zum Widerspruch” erschien 2019 und liefert klare Antworten auf Parolen, Vorurteile und Verschwörungstheorien. Das Buch erklärt dir, was du sagen kannst, wenn du schlicht nicht weiter weißt und dich sprachlos fühlst. Zum Beispiel: Was sage ich bei islamfeindlichen Sprüchen, wenn jemand etwas von einer jüdischen Weltverschwörung oder der Klimawandel-Lüge erzählt?