AfD-Rekordergebnis: Was bedeutet das?
Bundestagswahl: Welche Macht der Partei im Bundestag winkt, wie die AfD so stark werden konnte und eine Verlosung.
Deutschland hat gewählt:
Die guten Nachrichten: Mit 82,5 % ist es die höchste Wahlbeteiligung seit der Wiedervereinigung.
Die Union ist mit 28,5 % stärkste Kraft, um zu regieren braucht sie eine Koalition mit der SPD
Die SPD hat mit 16,4 % das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingeholt, viertstärkste Kraft wurden die Grünen mit 11,6 %.
Den Überraschungserfolg des Wahlsonntags liefert mit 8,7 % Die Linke.
FDP und BSW scheitern an der 5 % Hürde.
Die AfD ist mit 20,8 % zweitstärkste Kraft. Sie hat sich also seit 2021 knapp verdoppelt und zieht mit 152 Abgeordneten in den Deutschen Bundestag ein. Noch nie seit Gründung der Bundesrepublik war eine extrem rechte Partei in dieser Zahl im Bundestag vertreten.
Und damit sind wir mitten drin in diesem post-Bundestagswahl Newsletter. Auf Social Media las ich am Wochenende, dass Menschen nach der Wahl nichts mehr von der AfD hören wollen. Dass wir sie weg ignorieren müssen - und sollten. Aber: wir sagen - so sehr leider - nicht Adé AfD, sondern sind mit einer AfD bei über 20% aufgewacht.
Und während ich den Impuls verstehe und gleichzeitig es sehr klug und so notwendig finde, dass wir uns auf die demokratischen Parteien konzentrieren und diese anhalten, Politik zu machen, die Wähler_innen wirklich verstehen und dabei unsere Politiker_innen in Verantwortung nehmen, nicht polarisierend sondern für eine gesamte Gesellschaft und nicht nur für ganze Bestimmte zu arbeiten - für dennoch so relevant halte ich es, dass wir alle, auch die wir nicht Politiker_innen sind, die wachsende Macht des Rechtsextremismus kontinuierlich im Blick behalten, verstehen, einordnen und hoffentlich auch kontern können.
Gerade weil die AfD mit über 20% nun deutlich verstärkt im Bundestag sitzt, Alice Weidel am Wahlabend in einem der ersten Interviews schon sagte, dass sie “die anderen jagen wollen” und die AfD in manchen Bundesländern über 40% holen konnte.
Deshalb geht es hier heute darum:
Was hat die AfD so stark gemacht?
Hat die AfD jetzt mehr Macht (Spoiler: Ja).
Ist die AfD damit ausmobilisiert? (Spoiler: Nein.)
Ist es undemokratisch, dass es keine Koalition mit der AfD gibt? (Spoiler: Nein).
🎉 Bevor es losgeht gibt es eine Mutmach-Verlosung und eine good news. Fakt ist nämlich auch: Bundesweit haben 80% nicht die AfD gewählt. Und dazu hat dieser Newsletter seit gestern über 7000 Abonnent_innen. Das gibt mir Mut und Zuversicht - und die brauchen wir alle, zusammen mit Kraft und jeder Menge Wissen, um in den kommenden Jahren nicht zu verzweifelnd oder gar die Augen zu verschließen.
Für mehr Wissen und aus Freude über euch Abonnent_innen verlose ich deshalb dieses Bücherpaket:
Sally Lisa Starken: Zu Besuch am rechten Rand. Warum Menschen die AfD wählen. Das Buch ist gerade letzte Woche erschienen, es gibt viele kluge Einblicke und sogar ein Kapitel mit mir mit jeder Menge Tipps für Gespräche mit Andersdenkenden.
Marcel Lewandowski: Was Populisten wollen. Ein wirklich eindrückliches Buch, das erschreckend plastisch aufzeigt, wie Populist_innen agieren - und was wir eigentlich dagegen tun könnten.
Gilda Sahebi: Wie wir uns Rassismus beibringen. Das Buch mit den meisten Aha-Effekten für mich in 2024, klug recherchiert und vor allem so geschrieben, dass es einen mitnimmt und nicht verliert.
Franzi von Kempis: Anleitung zum Widerspruch. Mein Sachbuch aus 2019 mit Aussagen gegen Stammtischparolen und extreme Hetze; ein Buch, das dir hoffentlich dabei helfen kann (und soll), dich weniger sprachlos zu fühlen.
Und so geht’s: Was tut ihr in diesen Tagen um euch resilienter zu fühlen, wem folgt ihr, welche Bücher empfehlt ihr? Schickt mir einfach eine Mail mit eurem Tipp und eurer Adresse und ihr landet im Lostopf.
Ich freu mich auf eure Zuschriften und mache daraus den großen Mutmach-Empfehlungs-Newsletter für uns alle.
🎉 Los geht’s:
Was hat die AfD so stark gemacht?
Vorausgeschickt: Innerhalb der AfD scheint man nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Denn die Bedingungen für mehr als knapp über 20% waren da: Internationaler support mit viel medialer Reichweite, Fokus auf das eigene Kernthema bis hin zum Abstimmungs-Tabubruch im Bundestag durch die CDU.
Die Gründe, die dafür in der Partei kursieren, hat Ann-Katrin Müller in diesem Spiegel-Artikel skizziert, den ich euch in voller Länge sehr an’s Herz lege:
Die einen nennen wohl Weidels brüske TV-Auftritte, ihren Schweizer Wohnort, wieder andere fürchten: “Zu radikal sei sie in ihrer ganzen Art aufgetreten. Das Gerede vom »Niederreißen« von Windrädern und »Rausschmeißen« von Professoren auf dem Parteitag, das geschichtsrevisionistische Gefasel von einem angeblich »linken« Hitler bei Musk und die an die verbotene SA-Parole angelehnten Fanartikel mit »Alice für Deutschland« – das passe doch gar nicht zu ihr, finden sie. Beziehungsweise zu dem Bild, was von Weidel gezeichnet werden sollte. Eigentlich habe man einen Wirtschaftswahlkampf mit ihr machen wollen. Doch sie habe nicht gehört.”
Was sind die Gründe für das (dennoch) hohe Ergebnis?
➡️ Unzufriedenheit mit der Bundesregierung & Vertrauensverlust in die Politik: Nur 17% der Deutschen waren mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden - ein Negativrekord. (Quelle u.A.: tagesschau.de)
Maria Fiedler schreibt im Spiegel zum Vertrauensverlust in die Politik: “Der Dauerstreit (in der Ampelregierung, Anm.d.AdéAfD-Autorin) führte dazu, dass viele Menschen den etablierten Parteien insgesamt nicht mehr zutrauten, die Probleme dieses Landes zu lösen. Das spielte der AfD in die Hände. Eines ihrer zentralen Narrative ist, die etablierten Parteien seien unfähig und regierten an der Bevölkerung vorbei.”
➡️ Einfluss der Migrationsdebatte:
Die AfD profitiert davon, dass ihr Kernthema Migration die Debatten bestimmte: So konnte sich die Partei sich als Original in der Migrationsdebatte präsentieren, während andere Parteien ihren Kurs verschärften.
Dazu kam der Tabubruch der gemeinsamen Abstimmung im Bundestag: CDU-Kanzlerkandidat Merz brachte einen Antrag zu Migration im Bundestag zur Abstimmung, der erstmals mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit fand.
➡️ Wirtschaftliche Ängste & gesellschaftliche Unsicherheiten: Allgemeine Unzufriedenheit und Verunsicherung, die Sorge um den persönlichen Wohlstand sowie eine schwache Konjunktur und steigende Preise verstärkten die Unterstützung für die AfD.
➡️ Fortschreitende Normalisierung und eigene Verharmlosung:
Ein größerer Teil der Bevölkerung sieht die AfD inzwischen als "normale" Partei; 84% ihrer Wähler positionieren sie in der politischen Mitte. (Quelle: tagesschau.de)
Die AfD nutzte die Strategie der "Normalisierung" ganz gezielt, indem sie zum Beispiel die Übernahme ihrer Positionen durch andere Parteien als wachsende Anschlussfähigkeit interpretiert.
Die AfD profitierte davon, dass ihre Strategie mit der Nominierung von Alice Weidel als "Kanzlerkandidatin" aufging: Sie setzte auf Teilnahme an TV-Runden, und dass so die Partei “koalitionsfähig”, harmloser und dadurch normaler erscheinen würde.
Und obwohl von Anfang an klar war, dass es sich dabei um eine reine Medienstrategie handelte, dass es keine Koalitionsoptionen für die AfD gab, weil alle Parteien diese ausschlossen, wurde sie überallhin als Kanzlerkandidatin genannt, eingeladen, berücksichtigt und benannt.
Die Hintergründe für Normalisierungsstrategien der AfD, wie sie funktionieren und wie wir sie bekämpfen (könnten) findet ihr u.A. hier:
➡️ Die AfD bekam internationalen support:
Elon Musks Wahlaufruf, die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz (und die Tatsache, dass dieser sich auch mit Alice Weidel persönlich traf) verstärkten nach außen den Eindruck, bei der AfD handele es sich um eine normale Partei, die international bei politischen und Wirtschaftsgrößen Anerkennung findet.
➡️ Stärke im Osten:
Die AfD wurde in allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft und erzielte in Thüringen und Sachsen besonders hohe Wahlergebnisse. Allerdings lohnt auch ein Blick in die westdeutschen Bundesländer, wie Bayern: Hier hat sich die AfD mehr als verdoppelt (2021: 9%, 2025: 19,1%, Quelle: merkur.de)
➡️ Rechtsextreme Kernwählerschaft: wir dürfen nicht vergessen, dass zur AfD eine treue, rechtsextreme Stammwählerschaft gehört - diese wird durch Social-Media-Kanäle und ein weites Netzwerk an u.A. rechtsextremen Unterstützern noch verstärkt. Mehr dazu auch in diesem Spiegel-Artikel.
➡️ Ein Hinweis an dieser Stelle, ob es demokratischen, etablierten Parteien hilft, wenn sie Themen der AfD übernehmen, in der Idee, damit Wähler_innen der AfD zurückzuholen (oder die Brandmauer einreißen, um mit ihr zusammen abzustimmen):
Die AfD hat laut Erhebungen keine Wähler_innen an die Union verloren, stattdessen haben sich 1.010.000 Wähler_innen der Union für die AfD entschieden. Die Grafik dazu findet ihr hier. Die Wähler, die die AfD verloren hat, sind etwa 60.000 und zwar an das BSW.
Es hilft als nicht. Mehr dazu findet ihr auch in diesem Newsletter:
Und ein zweiter Hinweis zur Aufholjagd der Linkspartei: Diese begann u.A. mit der von Merz und der Union initiierten umstrittenen Abstimmung im Bundestag. (Quelle: tagesschau.de)
Was passiert jetzt im Bundestag?
➡️ Mehr Mandate und Einfluss im Parlamentsalltag
Die AfD wird voraussichtlich 152 Abgeordnete in den Bundestag entsenden, was ihre Präsenz und ihren Einfluss erheblich verstärkt.
Als zweitstärkste Fraktion wird die AfD nun die Oppositionsführung übernehmen.
Das sollen laut Experten vor allem die Unionsparteien zu spüren bekommen: "Ein Fünftel der Wähler verlangen eine andere Politik", sagt Hans Vorländer vom Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung der Technischen Universität Dresden. "Damit wird die AfD die Regierung als Fundamentalopposition massiv unter Druck setzen." (Quelle: zeit.de)
Der Partei stehen jetzt in Zukunft weit mehr als die bisherigen drei Ausschussvorsitze zu. Üblicherweise erhält die größte Oppositionsfraktion den Vorsitz im Haushaltsausschuss. In der vergangenen Legislaturperiode scheiterten Ausschussvorsitze der AfD daran, dass sich kein Kandidat fand, dem die anderen Parteien zustimmten. (Quelle: zeit.de, ntv.de)
➡️ (Deutlich) mehr finanzielle Mittel
Die nun größere Fraktion erhält mehr staatliche Mittel, was zu einer Stärkung der personellen und finanziellen Ressourcen führt.
Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hat nun erstmals Anspruch auf staatliche Förderung.
Was also steigt ist die Anzahl (und der Bedarf) an Mitarbeitenden: “In der vergangenen Legislaturperiode konnten Journalisten und Recherchenetzwerke wiederholt aufzeigen, dass viele dieser Mitarbeiter Aktivisten der Neuen Rechten sind, stramme Rechtsextreme mit oft militanter Vergangenheit. Ein Beispiel ist etwa Benedikt Kaiser, Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Jürgen Pohl, heute ein Vordenker der Neuen Rechten, früher regelmäßig auf Neonazi-Aufmärschen zugegen.” Das schreibt Hubertus Volmer auf ntv.de, einen Artikel den ich euch in voller Länge sehr an’s Herz lege.
➡️ Schwierigkeiten bei Verfassungsänderungen:
Es gibt im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit aus Union, SPD und Grünen. Für solch eine Mehrheit wären mindestens 420 Stimmen erforderlich - und die braucht es für Verfassungsänderungen. Das könnte zum Beispiel eine Reform der Schuldenbremse erschweren.
➡️ Mehr Redezeit und mediale Präsenz
In einstündigen Debatten wird die AfD deutlich mehr als die bisherigen sieben Minuten Redezeit erhalten: "Die AfD wird als Oppositionsführerin künftig die erste Rede in der wichtigen Haushaltsdebatte halten, und sie wird den Bundestag noch stärker als Bühne nutzen können." Das erklärt Politikberater Johannes Hillje bei ntv.de.
Die Partei kann den Bundestag also künftig noch stärker als Bühne für ihre Botschaften nutzen.
Ist die AfD ausmobilisiert?
Auf Social Media sind mir gestern einige Botschaften in der Richtung von “Die AfD ist ausmobilisiert” begegnet. Genau das habe ich Politikwissenschaftler Marcel Lewandowski (dessen Buch “Was Populisten wollen” ich euch allen nur empfehlen kann) gefragt und er ordnet es für uns so ein:
“Dass die AfD aus mobilisiert sei, wurde schon nach vielen Wahlen über die Partei gesagt, und dennoch können wir beobachten, dass sie das beste Ergebnis ihrer Geschichte auf der Bundesebene eingefahren hat. In Thüringen hat sie bei der Bundestagswahl sogar über 40% erreicht, das sind Werte, die man der Partei noch vor wenigen Jahren nicht zugetraut hätte. Insofern wäre ich mit Prognosen sehr vorsichtig.
Die AfD gewinnt sehr stark über das Thema Migration. Sie schafft es nicht nur, dieses Thema zu setzen, sondern auch, die anderen Parteien vor sich her zutreiben. Das bedeutet, dass die anderen Parteien, vor allem die konservativen, sich in ihren Positionen und in ihrer Rhetorik zur Migrationspolitik der AfD anzunähern versuchen, aber sich gleichzeitig noch von ihr abgrenzen. Doch die inhaltliche Annäherung legitimiert die AfD auch, weil immer weniger begründbar ist, warum man nicht mit ihr kooperiert.
Zugleich können wir sehen, dass die AfD zwar immer radikaler auftritt, ihr in Teilen rechtsextremer Charakter aber viele Menschen entweder nicht abschreckt oder sie dieser Einschätzung durch die Verfassungsschutz-Behörden gar keinen Glauben schenken. Deshalb sehe ich bei der AfD die Einordnung als in Teilen rechtsextrem, nicht als Hürde, die konservative Wähler davon abhalten würde, dieser Partei ihre Stimme zu geben.”
➡️ Dazu möchte ich zu bedenken geben, was ich schon weiter oben schrieb:
Es gibt internationale Unterstützung für die AfD. Techmilliardär Elon Musk gab und gibt ihr jede Menge Reichweite. US-Vizepräsident hielt auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine Rede, in der er sagt, es gebe keinen Platz für die Brandmauer. Zudem traf er sich dort auch mit Alice Weidel.
Insgesamt sehen wir sowohl in Europa, als auch in den USA (und in anderen Bereichen der Welt) einen shift nach rechts, mit starker Unterstützung von den extrem Rechten. Nicht geklärt ist zum Beispiel, was passieren könnte, würde die AfD durch externe Akteure aus dem Ausland finanziell unterstützt (so wie es Elon Musk mit einer Großspende an Großbritanniens Rechtspopulisten bereits einmal vorhatte, Quelle: ZDF) .
➡️ Die Partei selbst setzte schon vor dieser Wahl auf die nächste. Und Weidel selbst gab lau Ann-Katrin Müller vom Spiegel gestern das Ziel aus: Ihre Partei solle die CDU bei der nächsten Wahl »als stärkste Kraft überholen«. 2029 oder auch vorher – sollte vorher ein neuer Bundestag bestimmt werden müssen. (Quelle: Spiegel)
➡️ Politikwissenschaftler Matthias Quent warnt in einem Interview mit der dpa vor Prophezeiungen, dass die AfD bei einer Bundestagswahl in vier Jahren stärkste Kraft werden könnte. «Das ist ja im Grunde das AfD-Rezept, sie macht sich selbst größer als sie eigentlich ist»
Quent erklärte, dass die demokratischen Parteien in der Migrationspolitik und bei der Unterstützung der Ukraine erhebliche Zugeständnisse gemacht hätten, doch habe dies nicht zu einem Rückgang der AfD geführt. Stattdessen habe sich die Partei in Deutschland weiter etabliert und normalisiert.
Die AfD habe sich über ein rechtsradikales Milieu hinausgehend etabliert - die politisch-kulturelle Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland halte weiter an. (Quelle: dpa/zeit.de)
➡️ Wenn man auf die Parteistärke, Geld und Redezeit schaut, war der Einfluss der AfD wohl nie größer als jetzt: Das AfD-Projekt 2029 jedoch könnte entscheidend vom Verhalten der anderen Parteien abhängen: „Wenn Merz mit einer oder zwei Parteien links von sich koaliert, kann das das Wählerreservoir der AfD vergrößern“, sagt Politikerberater Johannes Hillje im Tagesspiegel „Das spielt der AfD in die Hände, denn viel länger als bis 2029 kann man ein Teil der Wähler vermutlich nicht bei der Stange halten. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die übrigen Parteien ihren Isolationskurs nicht konsequent durchhalten.“
Ist es undemokratisch, wenn die AfD nicht mitregiert?
Gibt es einen Anspruch der AfD darauf, mitregieren? Zumindest Alice Weidel hat diesen bekräftigt und hält “Die "Blockadehaltung" von CDU-Chef Friedrich Merz gegenüber der AfD (...) für "undemokratisch". (Quelle: zeit.de)
➡️ Spoiler: Nein, es ist nicht undemokratisch. Ich habe das am Beispiel der Landtagswahlen im Osten in einer Folge ausführlich erklärt:
➡️ Zusammengefasst hier nochmal für uns alle:
1. Es geht nicht um die stärkste Kraft, sondern um die Mehrheit.
Fakt ist: Die AfD hat keine absolute Mehrheit erreicht. In einer parlamentarischen Demokratie muss eine Regierung von der Mehrheit im Parlament unterstützt werden. Entscheidend ist, wer die Mehrheit bei der Gesetzgebung im Parlament stellt, also mehr als die Hälfte der Abgeordneten hinter sich versammelt - nicht, wer die meisten Stimmen bei der Wahl bekommt.
2. Wähler_innen wählen die Zusammensetzung des Parlaments, nicht die Regierung.
Ergo: 20% ist zwar viel, aber es gibt kein Anrecht auf eine Regierungsbildung.
3. Das ist alles nicht neu:
Die stärkste Fraktion stellt nicht automatisch die Regierung – das ist rechtlich so nicht vorgeschrieben. Eine Koalition ohne die zweitstärkste Kraft ist nicht unnormal im bundesdeutschen System.
4. Der sog. Wähler_innenwille bliebe auch so gewahrt.
Etwa 80 Prozent der Wähler_innen haben nicht für die AfD gestimmt. Eine Regierung ohne die AfD kann also den Willen der Mehrheit repräsentieren.
5. In Deutschland herrscht Koalitionsfreiheit.
In einer Demokratie haben Parteien das Recht, frei zu entscheiden, mit wem sie koalieren möchten. Eine Verweigerung der Zusammenarbeit mit der AfD ist Teil dieses demokratischen Prinzips.
Ebenso gilt für die AfD: Um mehrheitsfähig zu sein, muss sie Koalitionspartner finden.
➡️ Die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach hat dazu im Spiegel einen spannenden Gastbeitrag geschrieben, den ich euch sehr empfehle:
Sie sagt u.A::
1. Den Wählerwillen gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um eine hoch individualisierte Präferenz jeder einzelnen Person. Jede Wählerin und jeder Wähler hat einen individuellen Wählerwillen, der in der Stimmabgabe bei der Wahl sichtbar wird. So die Person überhaupt wählen geht und damit nicht nur in der Gruppe der Wahlberechtigten verbleibt.
2. Alice Weidel etwa betonte nach der Wahl in Thüringen 2024, dass dort ein Drittel der Wählerstimmen ignoriert werde und es gegen den Wählerwillen sei, wenn die AfD nicht an der Regierung beteiligt werde. (...) Die Äußerungen von Alice Weidel verkennen zwei wichtige Faktoren: Einmal, dass eine Wahlentscheidung für die AfD nicht zwingend auch mit dem Wunsch nach einer Regierungsbeteiligung der Partei einhergehen muss – von den Wünschen der anderen Wählerinnen und Wähler, die es für den Wählerwillen ja bräuchte, ganz zu schweigen. Und dann, dass Parteien, die in der Opposition eines Parlaments arbeiten müssen, keineswegs ignoriert werden. Die Thüringer AfD-Fraktion ist das beste Beispiel dafür.
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Workshops & Formate: Kommunikation, Demokratie am Arbeitsplatz, KI, Social Media-Strategie und Rhetorik (z.B. Umgang mit Populismus).
Kommunikation & KI: Einsatz in politischer Kommunikation, gegen Desinformation, Hatespeech & die AfD.
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